Werbeeinschränkungen für Anwaltschaft
In einem Urteil in italienischer Sprache (2C_1006/2022) legt das Bundesgericht den Grundsatz in Art. 12 lit. d BGFA, wonach Anwältinnen und Anwälte Werbung machen können, solange diese objektiv bleibt und solange sie dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit entspricht, hinsichtlich von Newslettern restriktiv aus.
Vier Tessiner Anwälte hatten ihre aktuellen und früheren Mandanten in einem unerbetenen Newsletter auf Entwicklungen in Rechtsfragen hingewiesen, so beispielsweise auf die bei Bauhandwerkerpfandrechten zu beachtenden Fristen oder auf Einschränkungen bei der Vermietung von Wohnungen auf Plattformen. Die Anwaltsdisziplinarkommission des Kantons Tessin belegte die Anwälte wegen eines Verstosses gegen die Berufsregeln der Werbung mit einer Disziplinarbusse von je CHF 600.00, die auf Beschwerde hin vom Verwaltungsgericht des Kantons Tessin auf eine Verwarnung reduziert wurde. Ein einzelner Versand an eine nicht mandatierte Firma wurde als nicht massgebender Ausreisser gewichtet.
Das Bundesgericht schützt diesen Entscheid mit der Begründung, Newsletter mit unterschiedlichen Themen dürften nicht in undifferenzierten Massenmailings an alle früheren und aktuellen Kunden einer Anwaltskanzlei versandt werden, solange sich diese nicht damit einverstanden erklärt hätten und sich der Inhalt nicht auf Themen beschränke, deretwegen sich die Klienten an die Anwaltskanzlei gewandt hatten. Eine solche Werbung entspreche nicht dem Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit und nicht den spezifischen Informationsbedürfnissen der Kunden.
Damit widerspricht das Bundesgericht ausdrücklich der Meinung von Walter Fellmann (Anwaltsrecht, 2. Auflage, N 420), wonach der Vorbehalt der Objektivität nur bedeuten soll, dass der Anwalt an die Grundsätze des UWG gebunden ist (nicht unlauter, nicht täuschend, nicht gegen Treu und Glauben verstossend). Die Anwaltschaft hat sich in Newslettern somit an einen genau definierten Empfängerkreis zu richten.
Gerne verweise ich auch auf die eben erschienene Anwaltsrevue 3/2024, in welcher sich unser Verbandsmitglied Prof. Dr. iur. Walter Fellmann eingehend zu dieser Thematik äussert.
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