Austausch mit erstinstanzlichen Gerichten
Der Vorstand des LAV hat sich am 25. November 2021 mit den Präsidentinnen und Präsidenten der erstinstanzlichen Gerichte getroffen. Der Austausch zwischen Anwaltschaft und Gericht war sehr angeregt, offen und lösungsorientiert. Gerne informiere ich Sie über die diskutierten Inputs und Themen wie folgt:
Orientierungskopien an Gegenpartei
- Jede Korrespondenz (Vorladung, Aufforderung, Verfügung etc.) sowie Urteilszustellung, die seitens des Gerichts an eine Partei erfolgt, wird als Orientierungskopie an die Rechtsvertretung der Gegenpartei zugestellt. In UR-Verfahren wird die Gegenpartei mit Orientierungskopien bedient, wenn dieser im Hauptverfahren eine Parteistellung zukommt. Eine Ausnahme gilt (teilweise) am Anfang eines Prozesses für die eingereichte Klage, welche hier erst nach Leistung des Gerichtskostenvorschusses zugestellt wird.
Zustellung Schlussvortrag
- Die Zustellung des Schlussvortrages oder einer letzten freiwilligen Stellungnahme an die Gegenpartei erfolgt erst, wenn beide Parteien diese eingereicht haben oder die Frist zur Einreichung ungenutzt abgelaufen ist.
Festsetzung von Parteientschädigungen
- Der Dauerbrenner «überhöhte Kostennoten und deren Kürzung durch die Gerichte» wurde eingehend diskutiert. Auf die Problematik der teils sehr zeitintensiven UR-Mandate wurde unsererseits hingewiesen. Die Festsetzung der Kostennote liegt im Ermessen des zuständigen Richters. Gegen eine unverhältnismässige Kürzung kann eine Kostenbeschwerde erhoben werden.
Spesenpauschale
- Wegen der Verlagerung der Kanzleiadministration von Geräten mit ausweisbaren Kosten hin zu IT-Gesamtlösungen ist es unmöglich, eine «ausreichende, nachvollziehbare Aufstellung» der Auslagen einzureichen. Infolge Fehlens derselben werden Auslagenkosten jeweils durch die Gerichte bei CHF 100.– festgesetzt. Der Vorstand hat deshalb eine Spesenpauschale von 3 % des Honorars anstelle der detaillierten Auslagen-Aufstellung vorgeschlagen. Dieses Anliegen wurde mit Verständnis aufgenommen. Um eine solche Spesenpauschale standardmässig zu ermöglichen, müsste die JusKV abgeändert werden, wofür das Kantonsgericht zuständig ist. Beim Austausch mit dem Kantonsgericht vom 8. Februar 2022 wird dieses Thema deshalb erneut traktandiert.
Zeitpunkt UR-Entscheid und Auszahlung UR-Entschädigung
- Es ist ein Anliegen der Anwaltschaft, dass ein UR-Entscheid vorliegt, bevor grosse Kosten entstehen. Die erstinstanzlichen Gerichte teilen dieses Anliegen im Grundsatz. In Scheidungs- oder Summarverfahren ist dieser Grundsatz teils schwierig umsetzbar, da die UR-Befragung erst an der Einigungs- oder Instruktionsverhandlung stattfindet. Ob auch bei diesen Konstellationen ein UR-Entscheid am Anfang des Verfahrens gefällt werden kann, wird zur Prüfung in die erweiterte Geschäftsleitung der erstinstanzlichen Gerichte getragen. Wir halten Sie diesbezüglich auf dem Laufenden.
- Üblicherweise erfolgt die Auszahlung der UR-Entschädigung innert einer bis zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft. Aufgrund der Homeoffice-Pflicht kam es in der Vergangenheit jedoch zu verzögerten Überweisungen.
Formulierung der Unterhaltsregelung über die Volljährigkeit hinaus
- Wenn der Unterhalt von Kindern über die Volljährigkeit hinaus festgesetzt werden soll, ist sicherheitshalber Art. 133 Abs. 3 ZGB explizit in den Anträgen zu erwähnen.
Anwendungsfall überhälftige Teilung des Pensionskassenguthabens
- Eine überhälftige Teilung des Pensionskassenguthabens stellt in der Gerichtspraxis die Ausnahme dar. Angewendet wird diese insbesondere im Falle einer Liegenschaftsübertragung, da es hier häufig an Liquidität zur Auszahlung des anderen Ehegattens fehlt.
Beilagen, Beilagenverzeichnis
- Die Gerichte wünschen elektronische Eingaben möglichst in einem Versand, was aber aufgrund der Grössenbeschränkungen auf den Zustellplattformen von der Anwaltschaft nur bedingt beeinflusst werden kann. Die Belege sind generell fortlaufend zu nummerieren.
- Da die Justiz noch keine Eingaben einscannt, wird gewünscht, dass ein Exemplar der Eingabe mit Bostich (für das Gericht) und das andere mit Büroklammern (Gegenpartei) versehen wird.
Verhandlungstermine
- Laut Justiz gibt es Anwälte, die mehrere Wochen ferienabwesend sind und keine Stellvertretung haben, welche Termine für Verhandlungen festlegen darf. Auch dauert es mitunter sehr lange, bis eine Antwort zu Terminvorschlägen kommt. Das erschwert die Terminfindung für Gerichte enorm. Die Gerichtskanzleien ersuchen uns deshalb um zeitnahe Rückmeldung zu ihren Terminvorschlägen, da ansonsten Gerichtssäle vergeblich länger blockiert werden. Die Möglichkeit der Terminfindung via E-Mail oder doodle wurde von uns vorgebracht.
Eingangsbestätigungen
- Nach Zustellung eines Urteils/Entscheids oder von Akten werden von einzelnen Gerichten Eingangsbestätigungen eingefordert, was aus unserer Sicht nur Aufwand und keinen Nutzen generiert. Es wird nun abgeklärt, ob gerichtsseitig auf das Einfordern dieser Eingangsbestätigung künftig verzichtet wird.
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